Was in den vergangenen Wochen rund um unsere Eintracht sportlich wie neben dem Platz passiert ist, hätte nach den Jahren der Kontinuität wohl kaum jemand für möglich gehalten. Nach Jahren des sportlichen Erfolges und der Harmonie geschehen jetzt Dinge, die schwer nachvollziehbar sind. Dinge, die strukturelle Defizite auf verschiedenen Ebenen im Verein zutage legen und die dank des sportlichen Erfolgs, den es unter Torsten Lieberknecht und Marc Arnold gab, nicht oder kaum auffielen, uns jetzt aber umso härter treffen.

Der FanRat Braunschweig e.V. kann dieser Entwicklung, die uns bundesweit in negative Schlagzeilen und sportlich in eine derzeit existenzielle Krise gebracht hat, nicht tatenlos zuschauen. Wir hätten uns diese Zeilen gerne erspart, können aber auch nicht wegschauen. Wir möchten vielmehr alle Fans und Verantwortliche einladen, die bisherige Situation zu analysieren und Konsequenzen zu ziehen, um den Verein strukturell besser aufzustellen. Wir sind überzeugt, dass das Präsidium um Sebastian Ebel, mit dem wir ebenfalls so viel Erfolg hatten, die richtigen Ziele verfolgt, dabei aber offenbar manche Entwicklung unterschätzt hat oder von ihr schlicht überrannt wurde. Dies möchten wir gemeinsam verbessern. Unser großer Dank gilt zudem Torsten Lieberknecht und Marc Arnold für ihre Arbeit in den vergangenen zehn Jahren. Beide hätten ein anderes Ende verdient.

Nun aber zur Bestandsaufnahme:

  • Laut Aussagen der Vereinsführung (Präsidium und Geschäftsführer in der BZ) stand die Trennung von Marc Arnold zum Ende des jetzigen Transferfensters bereits im Mai faktisch fest.
  • Man hat also einen sportlichen Leiter mit dem Neuaufbau einer so existenziell wichtigen Saison („Nach dem Abstieg ist vor dem Aufstieg“) betraut, der im Zweifel wissen musste, dass er hier nur noch eine Übergangslösung darstellt. Er war also von Beginn an eine „lame duck“ und für viele Fans ein dankbarer Sündenbock für alle Fehlentwicklungen der Vergangenheit.
  • Indirekt wird zugegeben, dass man diesen Sportlichen Leiter nur deshalb im Amt belassen hat, weil es an Alternativen fehlte, nachdem man Torsten Lieberknecht entlassen hatte. Die Verantwortlichen (die genauen Zuständigkeiten sind uns unbekannt) hatten also keinen Plan B für die sportliche Führung im Abstiegsfall.
  • Der neue Trainer, der selbst erst kurzfristig zu seinem Amt kam, wurde somit quasi über Nacht damit beauftragt, eine neue Mannschaft zu formen. Ohne Henrik Pedersen etwas Böses unterstellen zu wollen, aber insbesondere für einen Trainer-Neuling ist das binnen dieser kurzen Zeit eine Herkulesaufgabe. Dass dazu verdiente Führungsspieler aus eigenem Antrieb nicht gehalten wurden – die Gründe dafür sind Spekulation – hat diese Situation gleichwohl noch verschärft.
  • Dennoch hat Henrik Pedersen vor allen Fans und im Beisein von Sebastian Ebel beim FanParlament im Juli erklärt, der Kader befände sich auf einem guten Weg – es würden lediglich noch drei-vier gestandene Spieler, insbesondere für die Offensive, fehlen.
  • Marc Arnold wurde parallel damit beauftragt, Nyman, Abdullahi und Valsvik zu verkaufen oder zu verleihen, ohne die diese zentralen Neuzugänge finanziell nicht realisierbar wären.
  • Bis zum Ende der Transferperiode hat sich an dieser so zentralen Baustelle wenig bis gar nichts getan. Über die Gründe (fehlende Motivation Arnold, fehlende Erfahrung Pedersen, fehlender Handlungsspielraum für beide angesichts des Nicht-Verkaufs der drei Verkaufskandidaten?) kann nur spekuliert werden.
  • Wir stehen nun auf einem Abstiegsplatz, weil die Mannschaft – alle bisherigen Punkte zusammenfassend – fast sehenden Auges zu dünn geraten ist. Und es besteht – bei aller Hoffnung in diese junge und motivierte Mannschaft, die unsere absolute Unterstützung verdient – leider nur die vage Perspektive, ob dies bis Weihnachten durch sportliche Höchstleistungen oder eine unerwartet rasante Entwicklung gekittet werden kann.
  • Als Vorgeschichte darf dazu nicht vergessen werden, dass eigentlich der Aufstieg ausgegeben war, durch den der Kitt in der Fanszene wieder zusammenwachsen sollte, um die Wunden der vergangenen Saison zu heilen. Denn trotz aller Bemühungen: Komplett geeint war die Fanszene nach der Entlassung von Torsten Lieberknecht und der Art, wie dies geschehen ist, noch nicht.
  • Faktisch sind nun mit Torsten Lieberknecht und Marc Arnold zwei hauptamtliche Entscheidungsträger aus der Abstiegssaison entlassen. Soeren Oliver Voigt ist als Geschäftsführer weiter im Amt, sein Vertrag wurde nichtöffentlich verlängert. Nach eigener Aussage in den Medien wird er nun auch die sportliche Leitung unterstützen.

Diese – nüchtern dargestellte – Chronologie ist der Status Quo. Sie offenbart einige strukturelle Schwächen in den Entscheidungsgremien des Vereins, die es zumindest mitbegünstigt haben, dass wir stehen, wo wir stehen. Als FanRat Braunschweig e.V. sehen wir daher den Bedarf nach Veränderungen – nicht zuletzt, damit sich diese Entwicklung nicht weiter fortsetzt. Es geht jetzt nicht mehr um Einzelschicksale, es geht um die Zukunft unseres Vereins. Schon bei der FanRat-Jahreshauptversammlung im Januar haben wir per Leitantrag verabschiedet: Wir gewinnen und wir verlieren gemeinsam. Jeder, der im Umfeld oder bei Eintracht zuletzt Verantwortung getragen hat, sollte seine Rolle dahingehend ehrlich überprüfen – und jetzt seine Konsequenzen ziehen, um die Situation gemeinsam zu verbessern.

Konkret heißt dies für uns:

  • Der Aufsichtsrat muss, wie bereits mehrfach fanseitig und auch mittels Antrag auf der JHV gefordert, dringend um sportliche Kompetenz erweitert und damit als Gremium gestärkt werden. Auch er hätte die Pflicht gehabt, in der dargestellten Chronologie, die eigentlich sogar schon im vergangenen Winter mit dem Aue-Spiel begann, frühzeitig einzugreifen und Fehlentscheidungen zu verhindern.
  • Der Nachfolger von Marc Arnold muss mit umfassenderen Kompetenzen ausgestattet werden, als Arnold sie als „sportlicher Leiter“ hatte. Heißt: Der Nachfolger muss als Manager oder Sportdirektor in der Geschäftsführung der Eintracht Braunschweig GmbH & Co KgaA angesiedelt sein und hier als sportlicher Ausgleich zu den Kompetenzen des Geschäftsführers für die „normale“ Vereinsarbeit agieren. Unser Verein wird wirtschaftlich gut geführt, offenbart aber mit Blick auf den sportlichen Bereich seit Jahren Schwächen (Transfers, jetzige Personalpolitik). Zu klären ist, inwieweit der neue Manager dann alleinig zeichnungsberechtigt ist, sprich bis zu einer welchen Summe er ohne den Aufsichtsrat Transfers etc. vornehmen sollen könnte.
  • Die administrative Verantwortung bei Eintracht muss insgesamt breiter aufgestellt werden, um Entscheidungen kritisch zu hinterfragen und daran zu wachsen. Die Einrichtung regelmäßig tagender Gremien unter Zunahme externer Berater/Experten, die nicht im Kubus angestellt sind, wohl aber klar das „Eintracht-Gen“ besitzen, wäre zu den jeweils passenden Themenfeldern wünschenswert.
  • Langfristig wünschen wir uns einen gemeinsam mit den Fans erarbeiteten Masterplan, wie es mit Eintracht in den nächsten Jahren strategisch weitergehen soll und welche Ziele wir gemeinsam anstreben. Ein gefühltes Hin und Her wie jetzt (Ist der Aufstieg jetzt das Ziel? Steht dies nicht im Widerspruch zur bisherigen Transferpolitik?) darf es nicht geben. Wir möchten einen transparenten, gemeinsam formulierten Mehrjahresplan, hinter dem sich Präsidium, Geschäftsführung, Trainer, Spieler und Fans versammeln können, der unsere Werte verbindet und der konsequent umgesetzt wird. Nur so kann es gelingen, den Verein wieder zu einen, Entscheidungen zu erklären, die Fans mitzunehmen und die Unruhe aus der Situation zu nehmen. Wir stehen am Scheideweg und können dies nur geschlossen überwinden!

Wir appellieren an alle Verantwortlichen, diese Anregungen aufzunehmen.

Wir haben schon viel Schlimmeres erlebt. Überlebt. Gemeinsam, zusammen. Lasst uns zurückgehen zu diesem Zusammenhalt, denn dann sind wir am Stärksten. Und vor allem: Lasst uns die Mannschaft bestmöglich unterstützen! Denn Spiele wie das Hertha-Spiel haben gezeigt: Sie hat es verdient, sie kämpft für Blau-Gelb!

Der FanRat Braunschweig e.V. im August 2018

PS: Ein Hinweis in eigener Sache: Für Dienstag, 11. September war ursprünglich im Vorgriff auf den nächsten Verstetigten Dialog ein „normales“ FanParlament angesetzt. Ob und wie dies umgesetzt werden kann, werden die nächsten Tage zeigen.

pdf Wir, wir, wir sind die Eintracht? – Offener Brief des FanRat Braunschweig e.V. zur aktuellen Situation: Strukturelle Veränderungen sind nötig!

Anbei auch der Aufruf der Ultrà-Szene, an der Demonstration gegen das niedersächsische Polizeigesetz am kommenden Samstag teilzunehmen:

Am kommenden Samstag 18.08.2018 findet in Braunschweig (Start am Kohlmarkt) um 11:00 Uhr eine lokale Demo gegen das neue geplante Niedersächsische Polizeigesetz statt. Die Blau-Gelbe Hilfe (https://www.blau-gelbe-hilfe.de/nonpog-save-the-date/) hat euch in den letzten Wochen bereits mit den wichtigsten Infos versorgt und auch wir möchten euch noch einmal die Wichtigkeit der kommenden Demonstrationen ans Herz legen.

Die Vergangenheit hat (insbesondere den Auswärtsfahrer) aufgezeigt, dass Gesetzesänderungen, die zur Terrorabwehr durchgewunken wurden, an uns Fußballfans praktiziert werden. Überharte Polizeieinsätze, Hausdurchsuchungen, Orts-/Aufenthaltsverbote, Telekommunikationsüberwachung, Anwerben/Einsatz von V-Leuten und „präventive“ Gewahrsamnahmen gehören unter anderem mittlerweile schon zum „Alltag“ aktiver Fußballfans.

Nun sollen die Befugnisse der Polizei nochmals u.a. um folgende Punkte erweitert werden:

  • Orts-, Aufenthalts- und Kontaktverbote bei Verdacht und ohne Richtervorbehalt
  • Meldeauflagen ohne Richtervorbehalt
  • Präventivgewahrsam bis zu 6 Tage
  • Telekommunikationsüberwachung bei Verdacht
  • Einsatz von Elektrotasern noch vor Schlagstockeinsatz
  • Ausweitung der Datenspeicherung
  • Elektronische Fußfesseln bei „schweren oraganisierten Straftaten“

Dies ist (nur) ein kleiner Auszug (mehr Infos erhaltet ihr unter: https://niedersachsentrojaner.de) der uns Fußballfans am ehesten treffen kann, aber nicht unwahrscheinlich ist.

Künftig kann es also durchaus dazu kommen, dass man seine Kumpels durch ein Kontaktverbot nicht mehr treffen darf oder ohne richterlichen Beschluss eine Hausdurchsuchung erhält. Spannend (schmerzhaft?) wird es, wenn wir nicht mehr weggeknüppelt und mit Pfeffer/Tränengas attackiert, sondern gleich „American-Like“ mit Elektrotasern bearbeitet werden. Auch die Dauer der Gewahrsamnahme soll auf 6 Tage erhöht werden, ihr braucht also unter Umständen Urlaubstage und Durchhaltevermögen, selbst bei harmlosen Delikten. Dass die Polizei eure Nachrichten, Chat- und Internetverläufe sowie Telefonate überwachen kann, ist ja nichts Neues – künftig reicht hier der reine Verdacht, dass es zu einer Straftat kommen könnte, um die „Freigabe“ zu erhalten. Denn Insbesondere der Begriff der „drohenden Gefahr“ stellt einen Hauptkritikpunkt dar:

Während bislang Maßnahmen erst bei einer nachgewiesenen konkreten Gefahr eingeleitet wurden, reicht künftig der bloße Verdacht einer drohenden Gefahr aus. So könnte selbst eine Ordnungswidrigkeit, wie das verkleben eines Aufklebers, als Begründung für eine drohende Gefahr herangezogen werden, wodurch die oben genannten Maßnahmen bereits greifen könnten.

Wie die Politik in diesem Land geführt wird, zeigt sich exemplarisch auch daran, dass sich die SPD in Bayern als „Oppositionsführer“ gegen das Bayrische Polizeiaufgabengesetzt engagiert hat, aber die Einführung in Niedersachsen unterstützt –  widersprüchlicher geht es wohl kaum noch.

Die Demo am Samstag darf daher auch als Zeichen an die politischen Vertreter der Stadt Braunschweig verstanden werden. Wir Fußballfans werden uns lautstark bemerkbar machen und dafür kämpfen, dass wir nicht wie Terroristen behandelt werden können. Die Quittung gibt es spätestens bei den nächsten Wahlen – Schünemann kann davon ja ein Lied singen…

Treffpunkt für den Fußballblock ist am Samstag um 10:45 Uhr am Brunnen des Altstadtmarktes. Wer kein Demo T-Shirt hat, zieht bitte ein weißes T-Shirt an! Anschließend gehen wir geschlossen zum Kohlmarkt, wo der Demonstrationszug um 11:00 Uhr startet!

Gemeinsam gegen das neue Polizeigesetz!

Ultrà-Szene – BTSV Eintracht 1895

 

PS: Save the Date:

Großdemo am 08.09.2018 um 13:00 Uhr in Hannover! Einen Treffpunkt und die Abfahrtszeit werden wir noch bekannt geben, da vermutlich zwischen Braunschweig und Vechelde ein Schienenersatzverkehr eingerichtet ist. 

Die Blau-Gelbe Hilfe (BGH) ruft die Fanszene der Braunschweiger Eintracht auf, sich diesen Samstag, den 18. August 2018, im Rahmen des landesweiten Aktionstages gegen das neue „Niedersächsische Polizei- und Ordnungsbehördengesetz“ (NPOG) zu beteiligen. Die Kundgebung und Demonstration in Braunschweig veranstaltet das Bündnis #noNPOG, Ortsgruppe Braunschweig.

Braunschweig – „Die BGH erwartet eine gute Beteiligung der Fans am Aktionstag“, schätzt Jendrik Pufahl, der stellvertretende Vorsitzende der BGH, die Resonanz bei der Braunschweiger Fanszene ein. Bereits am Montag dieser Woche informierten sich 65 Fans der Braunschweiger Eintracht in einer Veranstaltung der BGH über mögliche Auswirkungen des neuen Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (NPOG) für Fans.

Das Gesetzesvorhaben der niedersächsischen Landesregierung bringe laut Rechtsanwalt Andreas Dieler auch für Fußballfans Verschärfungen mit sich. „Dies gilt insbesondere bei Meldeauflagen, für die Datenerhebung, für den Einsatz eines Elektroimpulsgerätes aber auch für die Rechtsgrundlage für Wohnungsdurchsuchungen“, hebt Jendrik Pufahl die aus Fansicht kritischen Punkte hervor. „Darüber hinaus sieht der Gesetzentwurf insgesamt die Ausweitung der polizeilichen Befugnisse vor“, ergänzt Pressesprecher Mike Wasner. „Das Gesetzesvorhaben der Landesregierung ist deshalb im Grunde ein Thema für alle Bürger.“

Die Demonstration beginnt um 11.00 Uhr auf dem Kohlmarkt. Auf ihren Weg durch die Innenstadt werden die Demonstranten am Dom und auf dem Bohlweg zwei kürzere Kundgebungen durchführen. Interessierte Mitbürger können sich in der Zeit von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr auf dem Kohlmarkt über das Gesetzesvorhaben informieren. „Auch wir nutzen die Gelegenheit unsere Sicht der Dinge darzustellen und sind mit einem Infostand dabei“, so Jendrik Pufahl.

pdf NPOG Gesetztesentwurf

pdf Synpose NPOG

pdf Infoflyer