Reaktion des FanRat Braunschweigs zum Sicherheitsgipfel in Berlin

Es ist noch nicht lange her, da tagte unser FanParlament und überlegte sich, eine Art Wertekodex in Braunschweig etablieren zu wollen. Einstimmung wurde dieser nach einer sehr konstruktiven und sachdienlichen Diskussion von allen Beteiligten abgelehnt – nicht zielführend sei eine solche Maßnahme, leere Worthülsen würden nichts bringen, wenn nicht garantiert ist, dass sie auch von der kompletten Fanszene angenommen werden würden. Vielmehr sei es sinnvoll, mit Problemen über Institutionen wie eben das FanParlament oder den neuen Fanbeauftragten Nils Burgdorf, unsere beiden Fanprojekt-Mitarbeitern und auch den Ultras umzugehen, und sie im Dialog zu lösen.

Gestern tagten nun unter Leitung des Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich fast alle Verteter der deutschen Profivereine um genau das zu beschließen, was wir seinerzeit als inhaltlich unsinnig erachtet haben. Einen Kodex, der zwar von 53 Geschäftsführern unterzeichnet wurde, an dessen Erarbeitung die Fans selbst aber nicht einmal beteiligt waren und geschweige denn zu den Unterzeichnern gehörten. Bravo zu einer derart symbolischen Geste, die Medien hatten ihr Fotomotiv, doch der echte Problemfan wird sich daran ungefähr genauso viel halten, wie an die Gesetze, die er bisher ja auch ohne Bedenken gebrochen hat.

Es ist zwar positiv anzumerken, dass Stehplätze noch nicht verboten sind (andere Quellen sehen auch hier Bedenken, siehe unten) und das den Fanprojekten zumindest die Aussicht gestellt wurde, mehr Geld zu erhalten. Bisher setzte sich deren Finanzierung nämlich zu je einem Drittel aus Geldern von Land, Kommune und Verband zusammen, nun zahlt der DFB immerhn 50 Prozent der Gesamtsumme. Was im schlimmsten Fall aber auch bedeuten könnte, dass die klammen Länder und Kommunen ihre bisherigen Zahlungen verkürzen und man so schlau ist, wie vorher.

Letztendlich wurde aber mal wieder eine Chance von Seiten der Politik, die in diesem hochbrisanzen und komplexen Thema eigentlich sowieso nicht viel verloren hat, und auch den Verbänden verpasst, einen Weg mit den Fans und ihren Vertretern zu gehen. Vielmehr fühlen sich gerade die großen Fanverbände mal wieder vor den Kopf gestoßen, sie wurden außen vor gelassen und dürfen können sich jetzt schon vorstellen, welches Medienecho bei neuerlichen Ausschreitungen in der kommenden Saison erstellt wird. Diese sehen diesen Kodex nämlich zumeist auch als manifest an – er hat der Politik die Legitimation erteilt, bei neuen Verstößen erst recht hart durchgreifen zu können. Und dass sich echt Störenfriede durch diese weichgespülten Zeilen nun kaum verändern werden, haben wir eingangs ja bereits gesagt.

Ein Verein hat das im Übrigen richtig erkannt: Union Berlin blieb der Veranstaltung bewusst fern. Ein Signal, das als verzweifelter Hilferuf gegen den Populismus der letzten Tage gewertet werden kann – und vor dem wir den Hut ziehen. Denn wie zum Einstieg dieses Textes erwähnt: Auch hier in Braunschweig ist der Fußball nicht perfekt und auch hier kommt es zu Verfehlungen der Fans. Doch wie wir im jeweiligen Fall damit umzugehen haben, das wird sachgerecht und unter Einbeziehung aller nötigen Institutionen geschehen. Die Vergangenheit und die daraus resultierende Atmosphäre im Eintracht-Stadion haben uns gezeigt, dass dies der richtige Weg ist.

Der FanRat Braunschweig am 18. Juli 2012.