Heute erreichte uns eine Stellungnahme der Daltons Braunschweig, mit der Bitte um Veröffentlichung. Dem kommen wir an dieser Stelle natürlich gerne nach:

Stellungnahme zum Recherche38-Artikel: „BRAGIDA: Übernehmen jetzt rechte Hooligans das Ruder?“ vom 29.01.2015

Mit großer Verwunderung mussten wir feststellen, dass in dem o.g. Artikel behauptet wird, dass wir an den ersten Montagsdemos der BRAGIDA teilgenommen hätten.
Dabei handelt es sich schlicht und ergreifend um eine Fehlinformation.
Es bleibt für uns ein Rätsel, welcher vermeintliche Augenzeuge auch immer Mitglieder unserer Gruppe auf Seiten der BRAGIDA gesehen haben will.
Richtig ist, dass sich Einzelpersonen aus unserer Gruppe auf dem Bohlweg aufhielten und dort an der Gegendemonstration vom „Bündnis gegen Rechts“ teilnahmen.
Wir wissen nicht, wie die Verfasser des Artikels auf die Idee kommen uns im Zusammenhang mit der BRAGIDA zu nennen oder welche Demonstranten uns zugeordnet wurden. Allerdings finden wir es äußerst fragwürdig dass hier offensichtlich Personen/Gruppen der Braunschweiger Fanszene ins rechte Milieu gedrängt werden, ohne genau zu schauen auf welcher Seite sie zum entsprechenden Zeitpunkt tatsächlich stehen.

Daltons Braunschweig im März 2015

Gestern veröffentlichte unsere Fanbetreuung via Facebook eine Stellungnahme zur geplanten “HoGeSa”-Demo an diesem Wochenende in Hannover:

Liebe EINTRACHTFANS,

heute möchten wir uns in einer ernsten Angelegenheit an Euch wenden!

Möglicherweise findet am kommenden Sonnabend, dem 15. November eine sogenannte HoGeSa-Demonstration in Hannover statt. An alle Fans unserer Eintracht, die mit dem Gedanken spielen, zu dieser oder einer zukünftigen Aktion zu fahren, möchten wir folgenden Appell richten:

Bitte fahrt nicht dorthin, bitte nehmt nicht an dieser Demo teil! Damit geratet ihr zum einen in das Visier des Staatsschutzes und der Polizei. Außerdem ist das Risiko, in Straftaten verwickelt zu werden, sehr hoch. Zum anderen müsst ihr damit rechnen, dass antifaschistische Gruppen die Demo vor Ort genau beobachten, euch dem rechten Spektrum zuordnen und eure Fotos in diesem Zusammenhang in der Öffentlichkeit auftauchen.

Aber nicht nur ihr, sondern auch das positive Image unserer Fanszene und unseres Vereins insgesamt würde in Gefahr geraten, wenn sich herausstellen würde, dass sich unter den Teilnehmern auch Braunschweiger Fans befinden.

Daher bitten wir euch von ganzen Herzen:
Bleibt unserem Grundsatz treu, dass Intoleranz, Diskriminierung und Rassismus keine Chance bei uns haben. Lasst euch nicht von irgendwelchen rechtsextremistischen Rattenfängern für ihre Zwecke instrumentalisieren und missbrauchen. Widersteht diesem billigen Versuch, rechte Gewalt zu unterstützen, die im Tarnmantel einer guten Sache daherkommt.

Bitte vergesst nie unser Motto: Eintracht in Vielfalt!

Danke und herzliche Grüße
Eure Fanbetreuung

Dazu sei von uns als FanRat gesagt: Sollte eine Demonstration regulär angemeldet sein, werden wir sicher niemandem sein per Grundgesetz garantiertes Recht auf Demonstrationsfreiheit absprechen. Im Moment sieht es jedoch so aus, dass die besagte Demonstration ohnehin abgesagt wird. Sollte sie doch stattfinden, dann bitten wir mögliche Teilnehmer aus Braunschweig eines zu bedenken: Bei der “HoGeSa”-Auftaktdemo in Köln waren nach gesicherten Informationen rund 30 Braunschweiger anwesend. Dabei handelte es sich um keine Personen der Eintracht-Fanszene, sondern um bekennende Rechte um das “Aktionsbündnis38″. Eben jenes Bündnis, das die Eintracht-Fans vor nicht einmal einem Jahr entschlossen und erfolgreich beim Heimspiel gegen Borussia Dortmund aus Block 8 vertrieben haben, da man derart gesinnte Personen nicht in seinen Reihen duldet. Wer nun also zu einer solchen “HoGeSa”-Demo geht, geht damit einen komplett gegensätzlichen Weg und unterstützt eben jene Personen, gegen di e sich d ie Fanszene so vehement zur Wehr gesetzt hat und sich jederzeit wieder setzen wird. Jeder sollte sich im Klaren sein, dass er sich damit in unserer Eintracht-Familie keine Freunde machen wird, solche Umtriebe haben hier nichts verloren.

Euer FanRat Braunschweig

Der 13. September wird kein schöner Tag sein, das steht schon jetzt fest. Denn ganz egal, wie unsere Eintracht an jenem Samstag im Leipziger Zentralstadion gegen “Rasenballsport” Leipzig spielen wird – dass wir überhaupt zu einem Pflichtspiel gegen das Farmteam von Red Bulls Gnaden antreten müssen, ist eine Schande für den deutschen Fußball. Dass sowohl DFB, als auch DFL trotz aller Lippenbekenntnisse für das Wahren von Tradition in der Bundesliga den Leipzigern eine Lizenz erteilt haben, ist ungeheuerlich – aber leider nicht mehr zu ändern.

Gleichwohl können wir Fans – im Gegensatz zu den Funktionären in Frankfurt – eine klare Linie verfolgen. Wir können unser mindestmögliche Machen – und Red Bull damit das zukommen lassen, was sie verdienen: NICHTS! Keine Aufmerksamkeit und nicht einen Cent an Eintrittsgeldern.

RB Leipzig ist nichts weiter als ein Marketinginstrument einer Österreichischen Brausefirma, die das Ziel verfolgt, ihr Produkt bestmöglich zu platzieren und zu vermarkten. Sie treten die Werte, die wir als Fans eines Traditionsvereins im Herzen tragen, mit Füßen. Es grenzt schon an Häme, dass dieser „Verein“, allein aus einem Firmenkapital entstanden, seit Jahren in den deutschen Ligen nach oben marschiert, während viele Traditionsvereine nach wie vor um ihre Existenz bangen müssen. Des Weiteren ist Kritik und die freie Meinungsäußerung nicht gewünscht, sodass Choreos, Spruchbänder oder T-Shirts mit kommerzkritischen Inhalten verboten sind bzw. ausgezogen werden müssen.

Da wir trotzdem mit möglichst vielen blau-gelbem Anhängern zusammen das Spiel verfolgen und unsere Mannschaft aus der Ferne unterstützen möchten, bitten wir den Verein um folgendes:

Initiiert am 13. September ein großes gemeinsames Fußballgucken im Eintracht-Stadion! Lasst uns das Auswärtsspiel bei RB Leipzig im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Heimspiel machen und damit zugleich ein Zeichen für den gerade hier in Braunschweig so wichtigen Traditionserhalt setzen! Wir würden ein rauschendes Fest im Stadion erleben und zugleich zeigen, dass Braunschweig eben anders ist. Kreativ, aber mit klaren Idealen! Wir sind uns sicher, dass tausende Fans diesem Aufruf folgen werden und sicher auch bereit wären, hierfür zu spenden oder sich anderweitig zu engagieren. Eine solche Aktion würde den Verein und die Anhänger mit Sicherheit weiter zusammenschweißen!

LASST UNS GEMEINSAM EIN ZEICHEN SETZEN – NEIN ZU RED BULL!

Unterstützer:
Cattiva Brunsviga
Mentalita Ultrà 381
Assalto Comando
Rabauken Braunschweig
Boys Braunschweig
Daltons Braunschweig
Les Autres
Gruppe Wilder Pfeiler
Alte Kameraden Braunschweig
Wild Bunch
Arrogant und Geisteskrank
FanKlub Unterste Schublade
Exzess Boys
Altstadtlöwen
Liontology Braunschweig
Legendäre Löwen
Eintracht Fan-Club Stöckheim
Eintracht Hoch 5
Löwensöhne
Braunschweiger Elche
The Ramonas
Jägi-Jungs
IseLöwen
Weser-Ems-Connection
Fanklub Unter Aller Sau
BTSV Fans Harz
The Wanderers
Division 38
Legion 67

… und viele Einzelfans

Am Sonntag ist es dann also soweit: Das Rückspielderby kommt nach Braunschweig und damit sicher das wohl brisanteste Spiel seit Jahren an die Hamburger Straße. Ein Spiel, bei dem es nicht nur sportlich um sehr viel geht – es geht auch um das Ansehen unseres Vereins, unserer Fanszene und damit von uns allen. Und daher bitten wir euch alle, die nachfolgenden Zeilen aufmerksam zu lesen.

Der FanRat Braunschweig ist sich der Brisanz des Derbys absolut bewusst und wir wollen daher definitiv den Gesamtkontext nicht verharmlosen. Wir wissen, dass dieses Spiel mit anderen Maßstäben bemessen werden muss, als es bei normalen Punktspielen der Fall ist. Und wir wollen auch niemandem verbieten, gerade bei diesem Spiel seine Emotionen und auch seine Rivalitäten auszuleben. Das gehört unserer Meinung nach zum Fußball dazu.

Gleichwohl appellieren wir an alle Institutionen, die mit diesem Derby in Verbindung kommen, an die gemeinsame Vernunft:

  • Wir appellieren an die Eintracht-Fans, einen Maßstab zu finden, der dem Charakter des Derbys gerecht wird. Niemand kann verhindern oder gar ausschließen, dass es auch im Rahmen dieses Spiels zu Verfehlungen oder Straftaten einzelner Fans kommen kann, so ehrlich muss man sein. Jedem Beteiligten sollte aber klar sein, dass es Grenzen gibt, die zwischen derbybezogenen Emotionen und einem langfristigem Schaden für Verein und Fanszene gezogen werden müssen. Werden diese Grenzen überschritten, betrifft das alle Fans und wird zwangsläufig zu unschönen Konsequenzen führen (müssen). Und das will keiner!
  • Wir appellieren daher aber auch an beide Vereine, das Derby als das zu behandeln, was es ist: Ein Ausnahmespiel, eine Ausnahmesituation. Wir heißen Fehlverhalten keinesfalls pauschal gut, fordern aber auch, dass dieses in Relation zu den bisherigen Errungenschaften der Faninstitutionen gesetzt werden muss. Gute Ansätze der breiten Masse dürfen durch einzelne Hardliner nicht kaputtgemacht werden!
  • Wir appellieren folglich auch an die Verbände: Die jüngsten Strafen mit Blick auf das Hinspielderby standen und stehen in keinerlei Relation zu den Vorkommnissen vor Ort! Sie sind ein kontraproduktives Mittel, das die Situation für alle Beteiligten zusätzlich verschärft. Wer glaubt, mit Geldstrafen Emotionen eindämmen oder gar Probleme lösen zu können, der denkt naiv und realitätsfern. Wir hoffen daher, dass auch bei einem solchen Derby die Gesetzmäßigkeiten und Relationen der Sportgerichtsbarkeit gewahrt bleiben.
  • Wir appellieren nicht zuletzt deshalb auch an die Medien: Jedes Derby hat seine eigene Musik und den Tonfall dazu liefert auch die “vierte Gewalt im Staat” – die Presse. Wir fordern einen sachlichen und objektiven Umgang mit dem Spiel und verbitten uns Sensationsjournalismus auf dem Rücken der Fans. Jedem Journalisten sollte bewusst sein, dass auch seine Berichterstattung dafür verantwortlich ist, wie das Derby am Ende bundesweit aufgenommen wird und welche Konsequenzen es (nicht) haben wird.
  • Wir appellieren logischer Weise auch an die Polizei und alle weiteren Sicherheitsinstitutionen: Bei einem Derby stehen gerade die Fans unter einer erhöhten Anspannung, Emotionen werden übernatürlich stark zum Tragen kommen. Es gilt, dieser Tatsache mit der nötigen Ruhe, Professionalität und Souveränität entgegen zu treten. Die Polizei muss helfen, wo sie gebraucht wird – ansonsten ist sie aber nicht der zentrale Akteur des Spieltags. So wie die Fans ihnen vertrauen sollen, so müssen sie auch uns vertrauen!
  • Nicht zuletzt appellieren wir aber natürlich an unsere Mannschaft und unsere sportliche Leitung! Das Derby ist und bleibt für die Fans das wichtigste Spiel der Saison, daher: Holt den verdammten Derbysieg in die Löwenstadt! Für die Fans, für den Verein und für unsere Stadt – und ja: Auch zum Ärger von Hannoi!

Euer FanRat Braunschweig

Nein zu einer Festung an der Hamburger Straße – Freier Zugang für alle!

„Wir sind Eintracht“: Der Slogan unseres Vereins ist Wahrheit und Anspruch zugleich.

„Wir sind Eintracht“, das umschreibt einerseits die Faszination dieses – auch bundesweit betrachtet – außergewöhnlichen Vereins auf eine treffende Art und Weise. Wohl kaum ein Verein kann von sich behaupten, derart homogene Strukturen zu besitzen, die Fußballromantiker gerne auch als „die große Eintracht-Familie“ bezeichnen. Sportler, Verantwortliche und die breite Fanbasis stehen sich nahe und leben den Vereinsnamen in einer einzigartigen Form. Nicht wenige Bundesligisten blicken neidisch nach Braunschweig, wenn sie sehen, wie solide und gleichsam respektvoll hier miteinander erfolgreich gearbeitet wird.

Doch dieses Miteinander stellt auch einen Anspruch dar, um diesen Erfolg langfristig zu konservieren. „Wir sind Eintracht“ – das bedeutet auch, dass es Möglichkeiten gibt, einen derartig gleichberechtigten Umgang miteinander überhaupt zu ermöglichen. Sowohl menschlich, zwischen den beteiligten Akteuren, als auch rein räumlich betrachtet. Und hier bekamen die Eintracht-Fans zuletzt starke Kopfschmerzen.

Als der Rat der Stadt Braunschweig entschied, für einen Ausbau des EINTRACHT-Stadions zu stimmen, dann geschah dies nicht nur mit Blick auf die Errichtung von VIP-Logen. Das hätten die vielen Fans, die im Vorfeld den Wahlkampf entscheidend geprägt hatten, auch nicht so gewollt. Es geschah auch, um das Stadion als einen (H)Ort soziokultureller Begegnungen zu erhalten. Die Eintracht-Familie braucht ein zu Hause an der Hamburger Straße, wie sie es bisher und insbesondere früher hatte – als es noch eher eine Umfriedung und Zäune und Tore gab, die tagsüber offen standen. Wo Fußballfans den trainierenden Leichtathleten spontan zuschauten, ins Gespräch kamen und den Verein mit Leben füllten.

Wenn die Modernisierungen des Stadions abgeschlossen sind, dann wird das Stadion außerhalb des Spieltags nicht mehr frei betretbar sein. Es wird komplett umzäunt und damit zu einer Festung. Am Trainingsplatz und dem Nebenplatz wird dies bereits deutlich: Wo man sich früher spontan traf, stehen heute meterhohe Zäune. Nicht selten sprechen böse Zungen von einem Gefühl, „wie in einem Gefängniskäfig“.

Doch damit nicht genug: In den Aufgängen der Blöcke zum Stadion wurden und werden derzeit Rolltore errichtet, welche – sollte das Stadion dann doch zukünftig mal betreten werden können – auch noch den Zugang in das Innere des Stadions endgültig verhindern. Das mag für den Bereich der Nordkurve (Gästekurve) mit dem Argument der Vandalismusprävention noch Sinn ergeben. Für den Rest des Stadions ist es schlicht eine – hoffentlich ungewollte – Abschottung.

Gerade in Sommertagen ist das Stadion ein beliebter Ort der Begegnung. Insbesondere junge Fans nutzen bspw. den Ticketkauf, um mal einen ruhigen Blick in „ihr“ Stadion zu riskieren. Sich zu fotografieren, andere Fans zu treffen und dabei die unnachahmliche Stadionatmosphäre zu genießen. Eine Choreographie vorzubereiten, zu grillen oder sich zu Workshops zu treffen. Das wird nun nicht mehr möglich sein.

Die Schülerinnen und Schüler, die an der vom Fanprojekt initiierten FanHochSchule teilnehmen, strömen regelmäßig im Lauf ihrer Veranstaltungen in das Stadion und sind von dem puren Anblick dieses geschichtsträchtigen Orts begeistert. Sie spüren die greifbare Geschichte, die ihnen die Faszination Eintracht nahe bringt und die sie nur an der Hamburger Straße erleben können. Sind die Zäune und Tore hochgezogen, erleben sie maximal ein Schloss auf Augenhöhe. Kein schöner Anblick für einen heranwachsenden Fan der Zukunft.

Die Oberbürgermeisterkandidaten haben im Rahmen ihrer von FanRat und Fanprojekt organisierten Wahlkampfveranstaltung unisono erklärt, dass ihnen Fanarbeit wichtig ist. Sie wollen das Fanprojekt in ihrem durch die Kultusministerkonferenz gegebenen Auftrag bestärken, neben Jugendarbeit auch kulturelle Identitätsarbeit mit den Fußballfans voranzutreiben. Ein Stadion als Festung steht hierzu in einem krassen Gegensatz, denn wo soll diese Arbeit nun stattfinden? In einer anonymen Einrichtung der AWO? Oder in dem baldigen FanHaus, welches zwischen einem Parkplatz und Tennisplätzen gebaut wird?

Die OB-Kandidaten haben für mehr Vertrauen in die Fußballfans geworben. Zäune können auch Aggressionen fördern, so war ihr Credo: Weniger kann auch mehr sein, setzt sichtbare Zeichen für mehr gegenseitigen Respekt und gegen Rivalitäten.

Bis zum heutigen Tag war und ist das Stadion frei zugänglich, über nennenswerte Sachbeschädigungen oder gar Unfälle ist nie etwas bekannt geworden. Warum also nun diese Abschottung, warum diese Zäune? Natürlich muss ein Stadion auch versichert sein, nur muss man dafür gleich alle Schotten dicht machen? Und sollte man nicht vielmehr, gerade nach den guten Vorerfahrungen am hiesigen Standort Braunschweig, nicht den gegenteiligen Weg zu den trost- und seelenlosen Arenen der anderen Bundesligisten konsequent zu Ende gehen und sagen: Wir öffnen unsere Tore gerne für jeden, wir sind „Eintracht“ und wissen, das dieser Titel auch gegenseitiges Vertrauen impliziert.

Der FanRat Braunschweig weiß um das gute Verhältnis von Verein, Stadt und Fanszene. Wir wollen dieses in jedem Fall erhalten, brauchen dafür aber auch gewisse Freiräume. Und die kann es nur in einem EINTRACHT-Stadion geben, das den Namen auch verdient. Ein Stadion für einträchtige Fans und kein Gitterkäfig für diejenigen, die einen Schlüssel dazu besitzen.

Dass Zäune gebaut werden, um moderne Sicherheitsstandards, gerade an Spieltagen, zu erhalten, ist verständlich und wird von uns daher auch mitgetragen. Wir fordern aber eindeutig, dass die Tore dieser Zäune auch unter der Woche geöffnet bleiben! Ferner stößt das Errichten von Rollgittern vor den Heimblöcken auf eine breite Ablehnung und Unverständnis unter den Fans, denn hierzu sehen wir beileibe keine unmittelbare Notwendigkeit: Gebt den Fans das Vertrauen, das ihr bisher in sie hattet – sie werden es nicht enttäuschen!

Der FanRat Braunschweig am 27. März 2014

Zur aktuellen Debatte rund um die Veränderung der aktuellen Stadionverbotsrichtlinien möchten wir euch zwei lesenswerte Stellungnahmen des Commando Cannstatt aus Stuttgart und der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte nicht vorenthalten:

Stellungnahme zur Novellierung der SV-Richtlinien (Commando Cannstatt)

In den letzten Tagen konnte man verschiedenen Medien entnehmen, dass eine Änderung der “Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten” geplant oder bereits vollzogen sei. Uns liegt dieses Dokument vor und wir sind erschüttert über das Selbstbild des DFB und der Sicherheitsbeauftragten der in seinem Ligaverband organisierten Vereine. Von Fußballverbänden ist man an Anmaßung und Selbstherrlichkeit ja schon einiges gewohnt, aber diese Neuerungen können jeden Fußballfan nur noch sprachlos zurücklassen. Um unsere Argumente nachvollziehbar zu machen und eine fundierte kritische Auseinandersetzung mit der Rolle des DFB zu ermöglichen sind diese, inklusive der mitgelieferten Hinweise und Erläuterungen, im Anhang an unsere Stellungnahme zum Download bereitgestellt. Wir wollen im Folgenden nur auf die gravierendsten Auswüchse dieser Novellierung eingehen um deutlich zu machen was die Stunde geschlagen hat. Für eine grundsätzliche Kritik am System der Stadionverbote, die sowohl wir als Ultras, als auch Interessengruppen, wie beispielsweise die AG Fananwälte, bereits mehrfach formuliert haben bleibt hier nur teilweise Platz.

1.) Stadionverbote werden in Zukunft auch bei einer Verletzung der Menschenwürde verhängt.

Die aktuellen Richtlinien erwähnen diese Möglichkeit in §5 Abs.4 Nr. 18 zwar bereits, allerdings ist uns kein Fall bekannt in dem mit dieser Begründung ein Stadionverbot ausgesprochen wurde. Nach unserem Kenntnisstand zieht eine Beleidigung allenfalls dann ein Stadionverbot nach sich, wenn sie aus rassistischen oder fremdenfeindlichen Motiven erfolgt. Dies ist auch insofern sinnvoll, als dass eine simple Beleidigung kein Indiz für zukünftiges sicherheitsbeeinträchtigendes Verhalten sein kann, was nach der bisherigen Fassung der Stadionverbotsrichtlinien jedoch erforderlich ist. In der Präambel der Neufassung bricht der DFB mit diesem Grundprinzip. Nunmehr soll für die Verhängung eines Stadionverbots entweder ein sicherheitsbeeinträchtigendes Verhalten ausreichen oder ein Verhalten, welches “in einer die Menschenwürde verletzenden Art und Weise“ begangen wird. Dabei muss das Eine das Andere nicht einschließen. In der Zielsetzung ist dann allerdings ganz klar festgehalten, dass Stadionverbote ein zukünftiges sicherheitsbeeinträchtigendes Verhalten verhindern sollen. Sprich wer heute in irgendeiner Form die Menschenwürde eines anderen verletzt, verhält sich morgen sicherheitsbeeinträchtigend. Die Gretchenfrage in dieser Diskussion ist die Definition der Menschenwürde. Der DFB kreiert hier willkürlich die Kategorien “Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Geschlecht und Herkunft”, in denen eine Verletzung der Menschenwürde erfolgen kann, die dann auch ein Stadionverbot nach sich zieht. Wir müssen an dieser Stelle die Frage stellen, ob ein Fußballverband allen Ernstes für sich in Anspruch nehmen kann, konsistent und allgemeingültig zu definieren, wann eine Verletzung der Menschenwürde beispielsweise aufgrund der Herkunft erfolgt. Ist ein skandiertes “XYZ-Stadt Arschlöcher” schon genug? Wie wird mit den im Fußballkontext üblichen Abwertungen des Gegners umgegangen? Wie soll sichergestellt werden, dass an allen Fußballstandorten nach dem selben Prinzip die selben Äußerungen geahndet werden? Und zwar alle? Wer leitet ein Stadionverbotsverfahren ein? Eine Richtlinie, die so allgemein ist, kann nur in Willkür, Intransparenz und Wahnsinn enden. In Italien werden Kurven geschlossen, weil die Süditaliener aus Neapel im Norden mit “Wir sind keine Neapolitaner” begrüßt wurden. Das Stichwort hier heißt territoriale Diskriminierung. Wollen wir solche Szenarien in der Zukunft haben? Mit diesen Richtlinien sind wir auf dem besten Weg dazu und zu einem allmächtigen DFB der sich eine Definitionshoheit weit über geltendes Recht hinaus anmaßt. An dieser Stelle sei auch eine kleine Anmerkung zu den definierten Kategorien erlaubt. Sexuelle Orientierung beispielsweise und die damit einhergehende Homophobie soll offensichtlich keine Verletzung der Menschenwürde darstellen. Auch Anspielungen auf den sozialen Status “schlaft unter Brücken oder in der Bahnhofsmission” oder das Auspfeifen von schlechten sportlichen Leistungen könnten hier genannt werden. Dies komplettiert allerdings keinesfalls die Liste, sondern demonstriert nur nochmal den Irrsinn und die Anmaßung, eine solche abseits des geltenden Rechts erstellen zu wollen.

2.) Stadionverbote können vermehrt ohne Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ausgesprochen werden.

Zusätzlich zu vermeintlichen Verletzungen der Menschenwürde sollen weitere Graubereiche geschaffen werden. So wird in Zukunft die “aktive Unterstützung” des Abbrennens von Pyrotechnik ebenfalls mit Stadionverbot bedacht. In den Erläuterungen wird als eine mögliche aktive Unterstützungshandlung das Hochhalten eines Doppelhalters genannt, hinter dem Pyrotechnik gezündet wird. Ob der Doppelhalter aus diesem Grund hochgehalten wurde oder ob das Hochhalten des Doppelhalters als normaler Stadionvorgang gesehen wird, dürfte dabei von der Laune des Sicherheitsbeauftragten abhängen. Da keine strafbare Handlung vorliegt, ist dem Betroffenen der Rechtsweg verbaut. Zumindest an dieser Stelle zeigt der DFB so etwas wie Unrechtsbewusstsein, heißt es doch in den Erläuterungen zu § 4: “Das Hochziehen / Hochhalten einer Blockfahne sollte nicht automatisch zu Stadionverboten für den gesamten Block führen, wenn z.B. in einer Ecke unter der Blockfahne pyrotechnische Gegenstände gezündet werden.” Darüber hinaus wird mit dem § 4 Abs. 4 Nr. 20 ein weiterer Gummiparagraph eingeführt, der es ermöglichen soll, sicherheitsbeeinträchtigendes Verhalten auch abseits einer strafbaren Handlung, einer Verletzung der Menschenwürde oder einem schweren Verstoß gegen die Stadionordnung herbei zu definieren. Auf welcher Grundlage der Nachweis dafür erbracht werden soll, bleibt unklar.

3.) Vor Verhängung eines Stadionverbotes soll der Betroffene eine schriftliche Stellungnahme abgeben.

Dem Betroffenen wird innerhalb einer Frist von zwei Wochen das Recht auf eine schriftliche Stellungnahme zugebilligt. Dies klingt erst mal gut, ist aber nicht unproblematisch. Sollte dem Stadionverbot ein Strafverfahren zu Grunde liegen, wird in vielen Fällen der anwaltliche Rat lauten, keine Angaben zur Sache zu machen und erst recht keine schriftliche Stellungnahme zu verfassen, die dann dem Verein vorgelegt wird und zu der die Polizei ebenfalls Stellung nehmen darf. Auf diese Weise wird das ureigenste Recht von Beschuldigten, nämlich zu einem Tatvorwurf zu schweigen, perfide durch die Hintertür ausgehebelt. Selbstverständlich könnten Sicherheitsbeauftragte auch einfach als Zeugen geladen werden und müssten dann in einem etwaigen Gerichtsverfahren die Stellungnahme des Betroffenen wiedergeben. Da der fristgerechte Eingang einer Stellungnahme positiv berücksichtigt werden soll liegt im Umkehrschluss nahe, dass die Wahrung des eigenen Rechts auf Schweigen einen Nachteil bedeuten könnte.

4.) Die Maximaldauer von Stadionverboten wird auf 5 Jahre erhöht.

Dieser Punkt ist sicher die plakativste Verschärfung der Richtlinien und wird von den allgegenwärtigen Sicherheitsfanatikern unverständlicherweise immer noch als zu milde dargestellt. Wer wird sich, selbst im schwersten denkbaren, Fall anmaßen, das Verhalten eines Menschen für die nächsten 5 Jahren zu prognostizieren? Sozialpädagogen oder Psychologen könnten aufgrund jahrelanger Berufserfahrung und persönlichen Gesprächen mit der Person eventuell eine Aussage treffen, ein Sicherheitsbeauftragter, der nur die schriftliche Stellungnahme des Betroffenen und die der Polizei kennt, sollte etwas dezenter mit solchen Prognosen sein. Selbstredend wird durch die größere Spannweite der Dauer die Transparenz und Konsistenz in den Entscheidungen nicht erhöht.

5.) Der DFB leitet Daten über Stadionverbote an UEFA, FIFA oder andere Landesverbände weiter.

In der aktuellen Vergabepraxis von Stadionverboten ist die Weitergabe von Daten seitens der Polizei an Vereine und Verbände schon äußerst umstritten. Eine Grundlage für die Übermittlung von Daten an die UEFA, FIFA oder andere Landesverbände ist schlicht nicht gegeben und diese wäre daher illegal.

Fazit:

  • Mit der Neufassung der Stadionverbotsrichtlinien wird die Position der betroffenen Fans gegenüber dem DFB und den Vereinen weiter geschwächt.
  • Der DFB und seine Vereine beanspruchen die Definitionshoheit über den Komplex der Menschenwürde für sich.
  • Die Sicherheitsbeauftragten des DFB und der Vereine wollen Kläger, Richter, Staatsanwalt und psychologischer Gutachter in Personalunion sein.
  • Der DFB manifestiert sich als Staat im Staate und entkoppelt sich zunehmend von geltendem Recht.

Quelle: http://www.cc97.de

Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverbote

Hinweise und Erläuterungen zu den Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten

 

Fananwälte kritisieren Verschärfung von Stadionverbotsrichtlinien

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte sieht in wesentlichen Punkten der geplanten Neufassung der Stadionverbotsrichtlinien des DFB eine Verschärfung und Verschlechterung für Fußballfans. Der DFB hat die Chance vertan, seit Langem in der Kritik stehende Regelungen rechtsklar zu regeln. „Es ist bedauerlich, dass sich der DFB offensichtlich dem Druck aus Politik und Polizei gebeugt hat und mit der Neuregelung populistische Forderungen wie die Verlängerung der Laufzeit eines Stadionverbots teilweise umgesetzt hat“, so Angela Furmaniak von der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte.

Einzelne Verbesserungen, die die Neuregelungen beinhalten (verbesserte Anhörung, stärkere Einbindung von Bezugsvereine und sachkundiger Stellen wie Fanprojekte, Fanbeauftragte etc.), können nicht darüber hinweg täuschen, dass sich in der Neufassung eine ganze Reihe an rechtsstaatlich bedenklichen Regelungen findet:Die Ausweitung der Dauer eines Stadionverbots auf bis zu fünf Jahren für sogenannte „Wiederholungstäter“ ist abzulehnen. Angesichts der insgesamt guten Sicherheitslage in den Stadien gibt es hierfür auch keine Rechtfertigung.

  • Entgegen der Darstellung des DFB stellen Stadionverbote faktisch eine Bestrafung dar und haben nicht nur präventiven Charakter. Widerrechtlich verhängte Stadionverbote stellen einen erheblichen Grundrechtseingriff dar und können im Nachhinein nicht wiedergutgemacht werden, da sie sofort vollzogen werden.
  • Stadionverbote beruhen in der Regel ausschließlich auf einem Verdacht, ohne dass der Ausgang eines Ermittlungsverfahrens abgewartet wird. Weder ist die Schuld des Betroffenen zu diesem Zeitpunkt festgestellt, noch liegen den Vereinen ausreichende Indizien vor, um eine präventive Gefahrenprognose seriös treffen zu können.
  • Weder erforderlich noch akzeptabel ist eine Ausdehnung der Möglichkeit zur Verhängung von Stadionverboten wegen „gegen die Menschenwürde verstoßendem Verhalten“. Derartig unbestimmte Rechtsbegriffe lassen befürchten, dass künftig Verhaltensweisen von Fans sanktioniert werden, die als zugespitzte Schmähkritik gegenüber gegnerischen Fans oder Funktionären typischerweise zum Bestand der Fankultur gehören.
  • Die geplante Weitergabe von Daten aus Stadionverboten an die FIFA, die UEFA bzw. andere ausländische Nationalverbände ist rechtswidrig und datenschutzrechtlich inakzeptabel. Weder für den DFB noch für den Betroffenen gibt es Kontrollmöglichkeiten, was mit den weitergegebenen Daten passiert. Es besteht die Gefahr, dass die Daten auf unabsehbare Zeit gespeichert oder gar wiederum an weitere Personen und Institutionen weiter gegeben werden.

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte hat sich in den letzten Wochen mit einer Stellungnahme (im Anhang beigefügt) ausführlich zu den Kritikpunkten im Einzelnen geäußert. Diese Stellungnahme wurde der AG Stadionverbote des DFB, von welcher die Neufassung der Stadionverbotsrichtlinie erarbeitet wurde, vorgelegt. Eine Reaktion des DFB darauf ist bislang nicht erfolgt.

  • Pressemitteilung vom 03.12.2013
  • Anmerkungen zu den geplanten Stadionverbotsrichtlinien 2014

Quelle: https://www.fananwaelte.de/?p=147

Vor ein paar Tagen veröffentlichten wir die Stellungnahme des “Fanforschers” Gerd Dembowksis, in welcher dieser u.a. versuchte, die Beweggründe für sein Interview im ZDF-Morgenmagazin wissenschaftlich zu begründen. Da nun nicht jeder von uns ein Soziologie-Studium in der Tasche hat, hat sich der Eintracht-Fan “Klesche” im Gästebuch des Fanclubs Web-Löwen freundlicher Weise bemüht, Dembowskis Ausführungen auf ihre wissenschaftliche Haltbarkeit zu überprüfen – mit einem Ergebnis, das nicht unbedingt für den “Fanforscher” spricht. Doch lest selbst:

Kritische Betrachtung der Stellungnahme von Gerd Dembowksis durch “Klesche”

A. Vorweg möchte ich zwei Dinge festhalten:

1. Ich halte es in der Tat für wichtig, dass alle Fußballfans bestimmte, Grenzen überschreitende diskriminierende Verhaltensmuster, die hier gelegentlich besonders auffällig sind, überdenken. Hier gilt für mich das, was die Web-Löwen in ihrer Stellungnahme formuliert haben.

2. Wenn Wissenschaftler sich bereit erklären, die Vereine und Fanszenen hierbei zu unterstützen und ihren Sachverstand einbringen, um entsprechende Projekte erfolgreich durchzuführen, kann man dies nur begrüßen. Dabei ist es für mich erst einmal nachrangig, ob sie es aus Idealismus tun oder gegen Geld. Soweit ich mich mit dem Werk von Dembowski habe befassen können, kann ich ihm nicht und möchte ich ihm nicht das Bemühen absprechen, hierzu einen Beitrag zu leisten.

B. In seiner Stellungnahme versucht Dembowski, Missverständnisse seiner Äußerungen in dem Interview im ZDF-Morgenmagazin auszuräumen.

1. Wenn ich ihn recht verstehe, sieht er hier nicht nur die Zuschauer als diejenigen an, die ihn missverstanden haben, sondern er räumt ein, dass er sich selbst mehrdeutig ausgedrückt hat. Er entschuldigt sich diesbezüglich und schiebt dies auf die Verkürzungen, die im Rahmen der knappen Antwortzeit während eines Interviews leider vorkommen. Nun ist es in der Tat so, dass Journalisten häufig längere Interviews mit jemanden führen, dann aber die Antworten extrem zusammenschneiden. Dann sind Missverständnisse kaum auszuschließen. Freilich ist das Interview im Morgenmagazin live gesendet worden, ein Zusammenschneiden fand nicht statt. Insofern können die Verkürzungen, die Dembowski moniert, allenfalls Verkürzungen sein, die er selbst in seinen Antworten in Kauf genommen hat.

2. Was sagt Dembowski nun:

2.1 Im Interview
Er sieht einen „Trend“ zum Rechtsextremismus, freilich „keine Unterwanderung“. Er identifiziert sodann aber explizit ein „Gemisch“ aus Rechtsextremen und Hools. Daraufhin ordnet er dies sogleich in eine allgemeine gesellschaftliche Tendenz ein, die hin zu „alten Werten“ strebe, zu „alterhergebrachter Männlichkeit“, zu „soldatischem Kämpferideal“ und zur „Körperfokussierung“. Auf die Frage der Moderatorin, ob Rechtsextreme nach politischer Hoheit in den Kurven strebten, antwortet Dembowski recht eindeutig, er sehe hier Aachen und Braunschweig auf der Skala bei Fünf, womit er wohl zum Ausdruck bringen will, dass es dort besonders schlimm sei. Auf eine weitere Frage der Moderatorin entgegnet er, das Augenfällige an dem Ausschluss von UB 01 sei, dass hier die Gruppe aus dem Stadion verbannt werde, die sich für die Einhaltung des allgemeinen Gleichstellungsgesetzes stark mache. Sicherheitstechnisch sei das nachvollziehbar, da man eine kleine Gruppe leichter ausschließen könne als 3.000 Personen. Diese 3.000 Personen seien keine Neonazis, sie trügen freilich Partikel eines solchen Denkens in sich.

2.2 In seiner Stellungnahme:
Zunächst einmal bekräftigt er, dass er nicht davon gesprochen habe, dass 3.000 Personen bei Eintracht Neonazis seien, dass er nicht gesagt habe, dass es eine Unterwanderung gebe, dass es sich um „ein ,Gemisch von Menschen` handelt“. Dieses Gemisch nennt er dann später auch eine „Masse“, die „Partikel haben von einem solchen Denken“. Diese Partikel identifiziert er sodann mit den „alten Werten“ von denen er im Interview bereits sprach. Derartige Partikel würde jeder Mensch in sich tragen, er selbst nehme sich da nicht aus.

C. Was ist davon zu halten?

1. Erstens ist es wichtig, festzuhalten. dass Dembowski als „Fanforscher“ eingeladen wurde und ein Interview gegeben hat. Auch in seiner Stellungnahme bemüht er sich durch das Zitieren von Forschungsinstitutionen, Projekten und Publikationen darum, seinen Thesen eine wissenschaftliche Untermauerung zu geben. Daran wird er sich auch messen lassen müssen.

2. Wie ist es nun mit dem von ihm angegebenen Konzept bestellt?

2.1 In seiner Stellungnahme bezieht er sich zuerst auf R. W. Conell und deren Konzept der hegemonialen Männlichkeit. In der Tat gibt es dieses Konzept. Conell arbeitet zu Gender- und Geschlechterfragen in Sydney. Zu diesem Thema hat sie das eben genannte Konzept entwickelt. Dabei geht es in erster Linie um die Aufrechterhaltung des Patriarchats, das soziale Verhältnis zwischen Mann und Frau. Das hat für sich genommen schon spezifisch nichts mit Rechtsextremismus zu tun und schon mal gar nichts mit der Deutung besonderer Verhaltensweisen im (Bundesliga-) Stadion. Wenn man eine solche Theorie in Anspruch nimmt, dann sollte man auch deutlich machen, dass diese Theorie u. U. Forschungsansätze bietet, aber in puncto Fußballfans überhaupt nicht ausgearbeitet und schon mal gar nicht empirisch validiert ist. Unterlässt man dies, ist es bloßes Zitiergehabe ohne jeden wissenschaftlichen Gehalt.

2.2 Als Nächstes beruft sich Dembowski auf das J. M. Hagedorns Konzept der „Resistance Identiy“. Hagedorn hat eine Studie zu Street Gangs in US-amerkanischen Städten vorgelegt. Dabei zeigt er nicht nur auf, dass diese sich bis aufs Messer u. a. auf dem Drogenabsatzmarkt bekriegen, sondern vor allem intern eine Widerstandsattitüde entwickeln, bei denen traditionell anerkannte Werte wie z. B. Solidarität eine große Rolle spielen. Nun ist die sicherlich ein interessantes Konzept, das gewiss anschlussfähig ist an andere kriminologische Forschungen. Es hat aber wiederum direkt nichts mit der Situation von Fußballfans in Westeuropa zu tun. Auch hier reduziert sich dies Stellungnahme auf nahezu inhaltsleeres Zitiergehabe.

2.3 Ferner bringt Dembowski das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) ins Spiel. Hier war ich nun wirklich besonders interessiert herauszubekommen, ob die über die Duisburger Fanszene geforscht haben. Das lag ja nun nahe, hat doch Dembowski eine Zeit lang im dortigen Fanprojekt mitgearbeitet. Es gibt eine Website dieses Instituts mit Suchfunktion. Wenn man dort „Fußball“ als Suchbegriff eingibt, erhält man neun Treffer, mehr nicht. Sieben davon stammen aus den Jahren 1996-2007. Der aktuelle Eintrag beschäftigt sich mit Mezut Özil. Es gibt zwei Beiträge, die eine gewisse Nähe zu unserem Thema im Titel versprechen, eine nähere gehaltvolle Untersuchung bieten sie auch nicht. Kurz auch hier: Zitiergehabe, ohne konkreten Gehalt.

2.4 Nicht zuletzt kommt er auf das Syndrom „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) in Bielefeld zu sprechen. In der Tat hat das IKG eine viel beachtete, empirische Untersuchung durchgeführt, aus der sich u. a. ergibt, dass ein nicht geringer Anteil der Bevölkerung in der Bundesrepublik menschenfeindliche Stereotypen in ihre Weltanschauung integriert haben, die, vereinfacht gesagt, in besonderer Massierung bei Rechtsextremen zu verzeichnen sind. Wenn ich es recht sehe, stützt Dembowski seine „Partikeltheorie“ im Wesentlichen auf diese Studie. Nun können manche Ergebnisse dieser Untersuchung keinen aufrechten Demokraten ernsthaft kalt lassen. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass diese „Partikel“ in besonderer Massierung nicht nur auftreten bei Rechtsextremen. Sie treten eben mit nahezu gleicher Signifikanz auch auf bei allen anderen Menschen mit totalitären Einstellungen: radikale Islamisten, Scientologen, Stalinisten, verbiesterten Geheimdienstlern usw. Es handelt sich also schon um eine einseitige Verkürzung dieser Studie, diese Partikel allein im Zusammenhang mit rechtextremen Einstellungen in Bezug zu nehmen.

Ein weiteres kommt hinzu: Die Ergebnisse dieser Studie beziehen sich nicht spezifisch auf Einstellungen unter Fußballfans. Sie treffen in mehr oder minder gleichen Umfang auch auf alle andere gesellschaftlichen Interessengruppen zu. Folglich ist es jedenfalls eine gewagte Zuspitzung, wenn man diese Untersuchung ohne weitere Erläuterung oder Relativierung gerade zur Erklärung von Fanverhalten heranzieht, wie es Dembowski macht.

Nun hat Dembowski ja zudem noch seine eigene Version der „Partikeltheorie“:

Für ihn hat ja jeder Spurenelemente an Einstellungen in sich, die er als Indikatoren für rechtsextreme Gesinnung identifiziert. Soweit das nicht das das biblische: “Wer ohne Makel ist, der werfe den ersten Stein“ hinausläuft, ist das schon brisant. Er müsste dies dann nicht nur gegenüber den Fans von Eintracht Braunschweig vortragen, er müsste es auch den Angehörigen der Opfer der NSU-Morde und auch Charlotte Knobloch ins Gesicht sagen. Man sieht daran sofort, so wird er das Theorem nicht meinen. Es wird dann nur völlig unklar, wen er nun spezifisch einschließt, wen er ausschließt. Er arbeitet also mit Hypothesen, die keine überprüfbaren Ja/Nein Aussagen, sondern nur Ja-Aussagen (Alle Menschen sind Partikelfaschisten) zulassen. Das alles hat dann aber mit der Untersuchung der IKG nichts zu tun. Es hat auch nichts mit solider empirische soziologischer Forschung zu tun. Darauf fußende Beratungskonzepte gegenüber Vereinen oder den Freunden der Wagneroper sind schlicht und ergreifend nicht einen müden Heller wert.

2.5 Im Interview suggeriert aber zudem noch, dass er Informationen gerade über die Braunschweiger Fanszene habe. Hier bemüht er das Orakel von den Informanten, die er habe, die er aber nicht, nennen könne, ohne diese zu gefährden. Das Ganze bekommt dann schon fast eine selbsterklärende Aura, genau wie der Auftritt von M*ssi in Einspieler bei Sportclub von N3, der sich nur hinter Milchglas filmen lässt, weil er ja sonst identifiziert werden könnte. Die Zahl 3.000, die Dembowski in den Ring wirft, ist frei erfunden. Nach seinem Ansatz müsste er 80 Millionen sagen. Ganz perfide ist es aber, wenn er im Interview Braunschweig auf seiner Skala der rechtsextremen Hegemonie auf 5 und damit ganz nach oben setzt.

2.6 Fassen wir zusammen: Was er sagt sind tautologische Sätze, was er in Bezug nimmt, passt nicht, bzw. suggeriert Forschungsergebnisse, die entweder gar nichts zu Fußballfans oder aber keine spezifischen Aussagen zu Fußballfans enthalten. Die Behauptungen zu Eintracht Braunschweig sind aus der Luft gegriffen, bzw. von UB 01 unkritisch übernommen.

D. Schließlich möchte ich aber einen Punkt besonders hervorheben. Und hier fällt es mir ehrlich gesagt schwer, dies ohne Distanz zu erläutern. Dieser Punkt hat jetzt nichts mit Dembowski zu tun, das möchte ich ausdrücklich betonen. Er bezieht sich vielmehr auf Handlungsoptionen, die man dem ein oder anderen der eben genannten soziologischen Konzept entnehmen kann, und die zu einer bestimmten Strategie führen, die die einschlägigen Auseinandersetzungen auf den Rängen in ein ganz neues, erschreckendes Licht stellen:

1. Die von Dembowski in Anspruch genommene Partikeltheorie sagt ja zweierlei:

1.1 Erstens haben alle Menschen Spurenelemente an diskriminierenden Einstellungen usw. in ihre Weltanschauung integriert.

1.2 Zweitens, und das ist jetzt besonders wichtig: Diese Spurenelemente sind bei den meisten Menschen in ihrem Alltag nicht handlungsleitend, so nach dem Motto: Es fällt einem bei einem Mann mit Vollbart und Käppi unwillkürlich ein, der könnte ein radikaler Islamist sein, gleichwohl melde ich den nicht sofort der Polizei. Vielmehr, so die These, würden diese Partikel, so formuliert es ja auch Dembowski in seiner Stellungnahme, nur „in bestimmter Konsistenz an bestimmten Orten, temporär und situativ handlungsleitend werden“. Auch dies ist nun für sich betrachtet, auch eine Erkenntnis, die die Menschheit seit Adam und Eva drauf hat (Stichwort: Schlange, Baum, Apfel, Sex). Es wird nur ärgerlich, wenn man dies als Ausweis einer Neigung zum Rechtextremismus o. ä. nimmt.

Der Punkt, um den es mir jetzt geht, ist aber folgender: Man kann dieses Partikeltheorem nun auch selbst als Handlungsanleitung nehmen, um andere zu Rechtsextremen zu stempeln und damit nun ihrerseits zu diskriminieren. Das geht dann so, und das wird uns allen hier gleich sehrt bekannt vor kommen:

Ich behaupte mit großem Internet-Input und auf schwacher (sozusagen partikulärer) empirischer Basis: Es gebe rechte Hooliganstrukturen in der Kurve eines Vereins. Dann stelle ich mich ins Stadion und wiederhole diese pauschale Behauptung noch einmal. Um noch einen drauf zu setzen, gehe ich dann in denselben Block und sage: „Schlag mich doch!“ Da hat man dann schön eine Lage geschaffen, an einem bestimmten Ort, temporär und situativ, wo dann die Gegenseite mit Gewaltandrohungen reagiert. Schon hat man dann nicht nur Partikel, sondern Partikelmengen von bestimmter Konsistenz. Schon hat man das Bild von gewalttätigen Rechtsextremen produziert.

Nun will ich damit nicht sagen, dass derjenige, der so provoziert wird, eine Freibrief hat. Es bleibt ein Armutszeugnis, wenn jemand darauf mit Gewalt oder antisemitischen Beleidigungen etc. reagiert. Auch hierzu ist in der Stellungnahme der Web-Löwen genügend gesagt.

Worauf ich hinaus will, ist: Für mich spricht eine gewisse Vermutung dafür, dass die Strategie, die UB 01 hier gefahren hat und fährt, genau diese Karte spielt. Wenn meine Infos aus Duisburg zur Kohorte nicht falsch sind, scheint dort ein ähnlicher Mechanismus am Werk zu sein.

Zur ganzen Wahrheit gehört es daher: Nicht nur Grenzen überschreitende diskriminierende Verhaltensmuster sind zu bewältigen. Zu bewältigen ist auch ein scheinheilig linke Provokationsstrategie, die sich die Partikeltheorie zu nutze macht, um sich als gute Antifaschisten zu inszenieren, indem man andere provoziert.

Nachdem vor einigen Tagen ein ZDF-Morgenmagazininterview des Fanforschers und Soziologen Gerd Dembowski für einige Irritationen in der Eintracht-Fanszene gesorgt hatte und der FanRat mit entsprechender Kritik reagierte, erreichte uns heute eine Stellungnahme Dembowskis mit der Bitte um Veröffentlichung. Das wollen wir an dieser Stelle natürlich gerne tun und bitten euch, auch diese Ausführungen aufmerksam zu lesen. Denn ganz gleich, welche Position man am Ende zu dieser Thematik einnimmt: Es ist gut, dass offenbar langsam ein breiter Diskurs zu dieser zweifellos brisanten Extremismusdebatte geführt wird, in dem genauso offenbar auch einige Vorurteile über unsere Fanszene (endlich) ausgeräumt werden können.

Stellungnahme Gerd Dembowski, 17.11.2013 (PDF)

Mit scharfer Kritik reagiert der FanRat Braunschweig auf die Aussagen des “Fanforschers” Gerd Dembowski von der Universität Hannover im ZDF-Morgenmagazin vom 12.11.2013.

Angesprochen auf das Thema Gewalt und Rechtsradikalismus im Fußball äußert sich Herr Dembowski mit Blick auf Eintracht Braunschweig wiefolgt:

“Es ist aus sicherheitstechnischen Gründen erstmal einfacher zu sagen, wir schließen die 40 Leute aus, die sich eigentlich für die Gesetze einsetzen, muss man ja sagen, als wenn man versucht, bei 3.000 Leuten die Einstellung zu verändern. Also diese 3.000 Leute sind nicht Neonazis – es sind nur Leute, die auch Partikel haben von einem solchen Denken.” (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/kanaluebersicht/2025654#/beitrag/video/2025732/Dembowski:-%22Keine-Kollektivstrafen%22)

Diese Aussage Dembowskis impliziert dem Fernsehzuschauer, im Eintracht-Stadion würde es offenbar eine Gruppe von ca. 3.000 Fans geben, die Ansätze von (neo)nationalsozialistischem Gedankengut in sich tragen. Ferner scheint dieser Personenkreis dieses Gedankengut in der Stadionlandschaft frei und ungehindert ausleben zu können. Als FanRat Braunschweig vertreten wir das FanParlament und damit nicht nur die aktive Fan- und Ultraszene, sondern die Mehrheit der Braunschweiger Fanlandschaft in Gänze. Und als derartige Interessensvertretung von Eintracht-Fans aller Art empfinden wir es als schlichte Unverschämtheit, eine derartige Diffamierung vor einem bundesweiten Fernsehpublikum durch eine externe, dritte Person, zu erleben! Wir bezeichnen es als Armutszeugnis, dass sich ein Mitglied der KoFaS zu derart unreflektierten Aussagen herreißen lässt, ohne praktische Erfahrungen im Eintracht-Stadion gesammelt zu haben. Herr Dembowski unterschlägt und untergräbt das aktive und breite Engagement der Eintracht-Fanszene gegen politischen (Rechts)Extremismus im Stadion, wie wir es unlängst anhand der vielfältigen Stellungnahmen auch öffentlich dokumentiert haben. Er vergisst das offenkundige Bemühen aller beteiligter Institutionen in Braunschweig (Verein, Fanprojekt, FanRat/FanParlament, Ultraszene und Fanclubs), die sich sowohl im Alltag, als auch durch präventionsgerichtete und kontinuierliche Aktionen wie das “Jahr für Toleranz” eindeutig für eine demokratische und offene Kurve einsetzen. Dagegen zeichnet er ein absolut unwahres Gesamtbild, in welchem er die Situation in Aachen mit der im Eintracht-Stadion auf eine Stufe setzt (freies Zitat: “Fünf auf einer Skala von eins bis fünf”). Er tut damit so, als hätten rechte Gruppen in einer offenbar grundsätzlich rechts-lastig unterwanderten Eintracht-Fanszene ein Monopol, was so definitiv nicht der Wahrheit entspricht.

Viele Eintracht-Fans sind seit diesem Interview auf uns zugekommen und haben ihren Unmut entsprechend kundgetan. Auch wir sind schwer enttäuscht von diesen Aussagen und fordern mindestens eine öffentliche Entschuldigung bzw. Richtigstellung. Weitere Schritte und Konsequenzen gegenüber Herrn Dembowski und der KoFaS behalten sich der FanRat und die ihm angeschlossenen Fanclubs und Einzelpersonen vor.

Der FanRat Braunschweig am 13.11.2013